Wertewelten
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  • Fawzi Boubia

    Vertrauen in der islamischen Kultur.
    Zwischen Orient und Okzident.

    Man darf davon ausgehen, dass bei einigen Europäern von der islamischen Religion zumindest die fünf Grundpfeiler bekannt sind. Nicht so sehr bekannt ist dagegen das äußerst komplexe und differenzierte System von Moralität und Sittlichkeit mit ethischen Normen, deren Universalität und Gültigkeit nach wie vor von brisanter Aktualität sind: Gerechtigkeit, Aufrichtigkeit, Beharrlichkeit, Dankbarkeit, Verantwortungsbewusstsein des Individuums, Solidarität, Geldzinsenverbot, um nur einige zu nennen. Moralität und Sittlichkeit, das war das Gebot der Stunde in der sich anarchistisch entwickelten Handels- und Finanzwirtschaft Arabiens, nachdem die althergebrachten Brauchtümer der Stammeszugehörigkeit und des Polytheismus obsolet geworden waren. Die fünf Grundpfeiler samt Ethik gehören natürlich zu den Glaubensüberzeugungen der Muslime. Dass Theorie und Praxis auch hier je nach Konstellation mehr oder weniger auseinanderklaffen, gehört selbstverständlich zu den Wesenszügen der Geschichte der Menschheit.

    Viel wichtiger für unsere Problematik ist die Feststellung, dass in der Welt der islamischen Werte die Kategorie des Vertrauens eine eminent große Rolle spielt, ja zum Wesen des Islam gehört, nicht zuletzt um die gesellschaftlichen Verhältnisse der Kapitalwirtschaft in Mekka, diesem bedeutenden Umschlagsplatz des Karawanenhandels im Nahen Osten, zu regulieren. Der Prophet Mohammed selbst gilt als die Inkarnation des Vertrauens schlechthin. Den Beinamen „al-Amin“, den Vertrauenswürdigen, erhielt er sogar viele Jahre vor seiner prophetischen Sendung. Interessant ist darüber hinaus der Umstand, dass es für die Kategorie des Vertrauens in der arabischen Sprache eine ausgefeilte, differenzierte und vielschichtige Begrifflichkeit gibt, die jedes Mal variiert, je nachdem ob sie sich auf das Verhältnis des Menschen zu Gott, die Bezugnahme Gottes zu den Menschen, die zwischenmenschlichen Beziehungen, die Koexistenz Angehöriger unterschiedlicher Religionen oder sogar auf die zwischenstaatlichen Regelungen im Völkerrecht bezieht. Aus diesen Gründen gibt es für den deutschen Begriff „Vertrauen“ kein direktes Synonym in der arabischen Sprache, sondern viele Entsprechungen, die je nach Kontext sich unweigerlich einstellen.

    Die Tatsache, dass das Vertrauen in der islamischen Ethik so tief verankert ist, erklärt weitgehend die skeptische, ja feindliche Haltung vieler Muslime gegenüber den okzidentalen Machteliten, die seit Jahrhunderten, und heute immer noch, in der internationalen Politik systematisch an das Vertrauen der islamischen Völker appellieren (Stichwort „Neue Weltordnung“ zuletzt zum Beispiel bei George Bush und Barak Obama), um deren Länder zu destrukturieren, zu destabilisieren, zu kontrollieren und neu zu kolonisieren ihrer strategischen Bedeutung und ihres immensen Ölreichtums wegen, einer Tatsache, die sogar von namhaften westlichen Autoren dokumentiert wurde. Diese asymmetrische Beziehung wird übrigens nicht ohne Erfolg von vielen Verschwörungsfanatikern im Orient populistisch zweckentfremdet, um bei den Massen die westliche Kultur und Zivilisation insgesamt als Inkarnation des Satans zu verdammen.

  • Vertrauen.

    9. öffentliches Forum des Projekts Wertewelten
    10.—12. Juli 2014.

    Abstract
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    Teilnehmer

    • Karin Amos
    • Jörg Armbruster
    • Niels Birbaumer
    • Heinz-Dieter Assmann
    • Frank Baasner
    • Fawzi Boubia
    • Hans Christoph Buch
    • Roberto Cazzola
    • Christoph Frank
    • Gerd Heinz
    • Peter Hoffmann
    • Ulrike Kistner
    • Leo Kreutzer
    • Carlotta von Maltzan
    • Chetana Nagavajara
    • Avi Primor
    • Frank-Olaf Radtke
    • Teruaki Takahashi
    • Jürgen Wertheimer
 
Eberhard Karls Universität Tübingen
DFI - Deutsch-Französisches Institut
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