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Leo Kreutzer
Die Grenze als Ort, von dem aus man spricht.
Mit der Ankündigung, in dem Beitrag werde von der Grenze als einem „Ort“ die Rede sein, „von dem aus man spricht“, wird zuvörderst angezeigt, dass zur „Ekstase der Entgrenzung“ (Konrad Paul Liessmann) der gehörige Abstand gewahrt wird. An den englischen Kulturwissenschaftler Stuart Hall anknüpfend wird dargelegt, wie bei einem zu Allem entschlossenen poststrukturalistisch-dekonstruktivistischen Verschieben des Begriffs „différer“ hin zu dessen Nebenbedeutung „aufschieben“ ein unbeschwertes „Spiel ohne Grenzen“ entsteht, bei dem es zu ernsthaften Sprachstörungen komme, wenn das elegante „Gleiten der Signifikanten“ ins Stottern gerate. „Bedeutung“, so wird diesem „Verlust der Grenzkontrolle“ (Liessmann) mit Hall entgegengehalten, sei wie eine Wette. „Sie schließen eine Wette ab, nicht auf die Wahrheit, sondern auf das, was Sie sagen. Sie müssen irgendwo positioniert sein, um zu sprechen.“ Irgendwo, nicht ein für allemal. An einer Grenze mithin, die wieder zurückgenommen werden kann, damit das Denken weitergeht.